
Die Omnibus-Initiative –Zwischen Vereinfachung und Unsicherheit
Was ursprünglich als Entlastung geplant war, führt kurzfristig zu höherer Komplexität
Mit der Omnibus-Initiative verfolgt die Europäische Kommission das Ziel, Unternehmen durch eine gezielte Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu entlasten (EU-Änderungsrichtlinien COM(2025) 80 und COM(2025) 81).
Angesichts überbordender Regulierung, hoher Berichtspflichten (CSRD, ESRS, CSDDD, Taxonomie) und einer teils überfordernder Umsetzungspraxis sollen die Anforderungen jetzt neu justiert werden – insbesondere durch angehobene Schwellenwerte und eine bereits beschlossene zeitliche Verschiebung um zwei Jahre (Stop the Clock“-Richtlinie (EU) 2025/794).
Die Initiative ist damit ein Zwischenschritt – kein Endpunkt, und die Pause kann trügerisch sein.
Vereinfachung bedeutet nicht Klarheit.
Viele mittelständische Unternehmen stehen nun vor der Herausforderung, zwischen regulatorischer Entlastung und operativer Unsicherheit die richtige Balance zu finden. Zwar fällt für viele Firmen kurzfristig die Berichtspflicht weg – die Erwartungen aus Markt, Lieferkette und Finanzierung bleiben aber bestehen.
Deshalb unser Ansatz: Mehr Nachhaltigkeit. Mehr Fokus auf Ertrag. Weniger Aufwand.
Was jetzt wirklich zählt – Die sieben strategischen Prioritäten
Jetzt Relevanz schaffen statt Vollständigkeit – Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil verstehen
Auch wenn Berichtspflichten verschoben wurden: Unternehmen sollten diese Phase nutzen, um gezielt Strukturen zu schaffen, die sie strategisch weiterbringen. Im Fokus stehen dabei sieben Maßnahmen:
1. Wesentlichkeit fokussieren
Der Ansatz der doppelten Wesentlichkeit („Double Materiality“) bietet Handlungsspielraum, den Sie vor allem jetzt nutzen sollten:
Unternehmen können selbst definieren, welche ESG-Themen (Environment, Social, Governance) für sie relevant sind – fokussieren Sie in der zweijährigen Übergangsphase die marktwirksamen Themen; starten Sie nicht mit allen, die theoretisch berichtspflichtig wären.
Kriterien für relevante Themen:
- Hoher Einfluss auf Kundenbeziehungen oder das Geschäftsmodell
- Hohe Beeinflussbarkeit (z. B. durch Einkaufsentscheidungen)
- Potenzial zur Kosteneinsparung (z. B. bei CO₂-Abgaben und Ressourcennutzung)
2. Dateninfrastruktur und -qualität aufbauen – Aufwand reduzieren
Überprüfbare Nachhaltigkeit ohne belastbare Daten (KPIs) ist nicht möglich. Besonders wichtig:
- Systematische Erfassung von Scope-3-Emissionen (indirekte vor- und nachgelagerte CO2e-Emissionen in der Wertschöpfungskette)
- Aufbau von ESG-Kennzahlen als kontinuierlicher Routine-Prozess mit Verankerung im Regelbetrieb (möglichst geringer Aufwand in den Folgejahren)
- Validierung der wesentlichen KPIs hinsichtlich deren Zuverlässigkeit und Qualität sowie dem Erhebungsaufwand; Dokumentation als Basis zur kontinuierlichen Verbesserung (KVP) und zur Vorbereitung auf spätere Audits
3. Governance stärken
Nachhaltigkeit ist keine CSR-Insel – sondern Querschnittsaufgabe:
- Interdisziplinäre Projektteams aufbauen (Einkauf, Finanzen, IT, Recht, Entwicklung und Fertigung)
- Klare Zuständigkeiten für alle Segmente der Nachhaltigkeit
- Incentivierung durch ESG-Zielvereinbarungen und Boni
- Geschäftsmodell und Lieferketten auf Transformationsfähigkeit hin analysieren und aktiv vorbereiten – die zwei größten Hebel der Transformation sind:
- Initiativen zur Elektrifizierung der Wertschöpfungs-Prozesse, um das Geschäftsmodell von fossilen Energieträgern zu entkoppeln
- Wandel von linearen hin zu zirkulären Stoffströmen (Einführung von Initiativen zur Kreislaufwirtschaft)
4. Externe Stakeholder einbinden
Im produzierenden Gewerbe liegen wesentliche Teile der Umwelteinflüsse in Ihrer Lieferkette. Beginnen Sie frühzeitig Ihre A-Lieferanten in Ihre Nachhaltigkeits-Strategie einzubinden. Unsere Empfehlung:
- Verpflichten Sie Ihre Schlüssel-Lieferanten zur Abgabe von CO2-Kennzahlen – das spart Ihnen Zeit und Kosten bei der Erhebung des eigenen Carbon-Footprint
- Kombinieren Sie CO2- Schattenpreismodelle und Lieferketten-Audits mit Anreizen, damit Ihre Lieferanten Sie unterstützen (bspw. durch Regelmäßige ESG-Runden mit Fokusgruppen, Lieferantenforen, Best-Practice ESG-Tage)
5. Nachhaltige Beschaffungspolitik etablieren
Wie bereits unter Punkt 4 erwähnt – Ihre Lieferanten haben den größten, externen Einfluss auf den Erfolg Ihrer eigenen Nachhaltigkeits-Strategie.
Der Aufbau und die Verankerung von Maßnahmen zu nachhaltigen Beschaffungsprozessen beschleunigt Ihren Erfolg und senkt Ihre Kosten der Nachhaltigkeit signifikant.
Typische Maßnahmen zur nachhaltigen Beschaffung, die Sie Schritt-für-Schritt integrieren sollten:
- Die Mitarbeiter der Beschaffungsabteilung Ihres Unternehmens sollten regelmäßige Schulungen zu Nachhaltigkeitsanforderungen innerhalb der Lieferkette erhalten.
- Zum Einstieg in Lieferanten-Score-Cards können zunächst alle Lieferanten über eine abstrakte Risikoanalysen vorbewertet und geclustert werden (geringer Aufwand).
- Anschließend werden A-Lieferanten und solche als kritisch vor-bewertete anhand eines Fragebogens zu ihren ESG-Praktiken konkret bewertet (Lieferanten-Score Cards einführen).
- Abschließend werden die ESG-Score-Cards durch eine konkrete Nachhaltigkeits-Risikoanalyse komplettiert (jährliche Revision).
- Die A-Lieferanten sollten einen Verhaltenskodex für Nachhaltigkeit unterzeichnen.
- Dauerhaft kritischen Lieferanten und/oder Ihre A-Lieferanten können vor Ort auditiert werden, und Nachhaltigkeitspraktiken präzise zu bewerten (dies steigert die Kollaboration und festigt die Geschäftsbeziehung).
- Um die Wirkung für Sie zu steigern, können Sie Ihren Lieferanten konkrete Unterstützung z. B. an Korrekturmaßnahmen, CO2-Reduktionsmaßnahmen und ESG-Schulungen anbieten.
- Leistungsstarke Lieferanten können Zugang zu einzigartigen Anreizen erhalten, wie z.B. zu Lieferantenauszeichnungen, gemeinsamen Presseerklärungen, Bonus-Programmen oder limitierte Zulassung zu Ausschreibungen.
- Nachhaltigkeitsziele sollten sukzessive in die Leistungsüberprüfungen der Mitarbeiter in der Beschaffungsabteilung Ihres Unternehmens integriert werden (Boni-Vereinbarung).
6. Umfassende Kommunikations-Strategie etablieren
Beginnen Sie eine Kommunikations-Strategie aufzubauen, die alle öffentlichen Kanäle Ihrer Berichterstattung umfasst.
- Dies wird Ihnen helfen, die Berichterstattung in Ihrem gesamten Unternehmen zu straffen und die Kosten zu senken.
- Risiken im Zusammenhang mit Greenwashing, die dadurch entstehen können, dass verschiedene Teile des Unternehmens Nachhaltigkeit unwissentlich auf unterschiedliche Art und Weise und ohne Überblick über Belege kommunizieren werden reduziert.
7. Risikomanagement stärken – Nachhaltigkeit als Treiber der Absicherung
Lieferkette, Glaubwürdigkeit, Sozialfaktoren – Risiken schlummern vielerorts
Die größten Nachhaltigkeitsrisiken entstehen dort, wo wenig Transparenz herrscht. Sie sollten daher 3 Handlungsfelder genauer in den Blick nehmen. Unsere Empfehlung:
Risiko: Intransparente Lieferketten
Ein erheblicher Teil der CO₂-Emissionen (Scope 3.1) stammt aus eingekauften Waren und Dienstleistungen. Fehlende CO₂-Daten der Lieferanten gefährden Ihre Klimaziele und erhöhen Ihre Berichtskosten.
Mangelnde Reduktionsstrategien Ihrer Lieferanten stellen ein erhebliches Risiko sowohl für dauerhaft hohe Kosten wie auch für die Erreichung der Klimaneutralität Ihres Unternehmens dar.
Risiko: Geringe Glaubwürdigkeit durch fehlende Messbarkeit
Kunden, Banken und Geschäftspartner erwarten zunehmend nachvollziehbare (messbare) ESG-Ziele. Unzureichende Kommunikation oder fehlende Systematik schwächen die Kooperationsbereitschaft und kann die Wirksamkeit Ihrer eigenen Maßnahmen und Investitionen begrenzen.
Risiko: Lieferantenmanagement ohne ESG-Systematik
ESG-Kriterien sollten bindender Teil der Lieferantenauswahl und -bewertung sein. Fehlt diese Verankerung, drohen operative und Reputationsrisiken. Eine Differenzierung zwischen ESG-reifen und ESG-anfälligen Lieferanten ermöglicht Ihnen rechtzeitig Alternativen aufzubauen (Second Sourcen, alternative Technologien, etc.).
Was jetzt (noch) warten kann – oder besser, bitte keine Schnellschüsse
Vermeiden Sie typische Stolperfallen bei der Umsetzung Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie
Nicht alles muss sofort umgesetzt werden – und manches sollte bewusst verschoben werden. Unsere Empfehlung:
Prozessklärung first – Digitalisierung second
Viele Unternehmen wollen sofort digitale Reporting-Plattformen einführen. Doch ohne klare ESG-Prozesse und Datenstrukturen führen SaaS-Tools oft in die Sackgasse.
Unsere Empfehlung: Schritt für Schritt. Erst analysieren und aufbauen – eine solide Prozessarchitektur ist das Fundament effektiver Digitalisierung nach dem Grundsatz „Form-follows-Function“. So sparen Sie Kosten und Zeit.
Klimaziele benötigen eine belastbare Basis
Ein Net-Zero-Versprechen ohne valider Datenbasis (bspw. vollständiger CO₂-Fußabdruck inkl. Scope 3, Allokation der Hot-Spot-Emittenten) bleibt meist ein leeres Versprechen. Zunächst muss ein robustes Fundament bestehen – erst dann empfiehlt sich die Kommunikation eines Zielpfades in der Öffentlichkeit. Unsere Empfehlung:
- Nachdem die Hot-Spot-Emittenten (basierend auf Aktivitätsdaten) feststehen, beginnen Sie mit der Planung diese zu reduzieren nach dem „worst-first Prinzip“. Die möglichen Reduktionsmaßnahmen sollten anhand von MACC-Modellen auf Ihre Kosteneffizienz (Kosten €/reduzierter Tonne CO2) sowie die Beeinflussbarkeit hin analysiert und priorisiert werden.
- Dann kann Ihr Unternehmen eine kluge Dekarbonisierungs-Strategie festlegen, Budgets freigeben und die notwendigen Verantwortlichkeiten festzurren.
- Damit ist Ihr Weg zur Klimaneutralität abgesichert und hält auch kritischen „Greenwashing Prüfungen“ stand.
Substanz für glaubwürdige Kommunikation
Zugegeben, Storytelling ist wichtig – aber „vogue“ Einzelmaßnahmen wie Baumpflanzaktionen oder Imagekampagnen ohne Datenbasis können als Greenwashing ausgelegt werden. Nur messbare, nachvollziehbare Fortschritte schaffen Vertrauen. Unsere Empfehlung:
- Stellen Sie erst sicher, dass Ihre Ziele und Maßnahmen messbar definiert und im Regelbetrieb verankert sind. Notwendige Budgets sind freigegeben.
- Die oberste Leitung hat alle notweindigenen Verantwortungen zugeordnet. Jetzt können Sie beruhigt an die Öffentlichkeit gehen.
Fazit:
Keine Symbolpolitik – messbare Substanz – Mehrwert leitet Ihre Nachhaltigkeits-Strategie
Die Ausrichtung des unternehmerischen Engagements für Nachhaltigkeit an Compliance Anforderungen ist ein Missverständnis – der Mehrwert aus Ihrer Nachhaltigkeitsleistung bestimmt die Nachhaltigkeits-Strategie:
- Neue Kunden und Märkte erobern
- Mehr Ausschreibungen gewinnen
- Die besten Talente für Ihr Unternehmen gewinnen
- Zugang zu den besten Konditionen im Finanzmarkt eröffnen
- Ihren Markenwert anheben und für die Zukunft absichern – damit sichern Sie auch Ihre Kapitalwerte für die nächste Generation!
Ihr Mehrwert durch apollo consulting
Wir von apollo consulting geben Ihnen Orientierung und praktische Unterstützung dabei, Nachhaltigkeit umsetzbar, messbar und wertschöpfend zu verankern. Unser Fokus liegt dabei auf:
- schlanken Prozessen
- klarer Datenlogik
- und einer ESG-Strategie, die sich für Sie rechnet
Unser Leistungsversprechen:
ESG wird für Sie zu einem Hebel für neue Märkte, starke Kundenbeziehungen, attraktivere Finanzierung und zukunftssichere Produkte.
Wir machen Nachhaltigkeit wirtschaftlich relevant – jenseits von Compliance.
Für den Mittelstand gilt: Nicht auf das nächste Gesetz warten – sondern heute clever aufstellen – morgen am Wettbewerb vorbeiziehen!
Stärke zeigen. Vertrauen absichern. Zukunft gestalten.
Ihre messbare Nachhaltigkeitsleistung gewinnt zunehmend an Bedeutung in Ausschreibungen und ist ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen, die zukunftsfähig bleiben wollen.