Omnibus bringt eine Verschnaufpause – aber keine Entwarnung

Für mittelständische Unternehmen bietet die Omnibus-Initiative einerseits eine Chance zur Entlastung, andererseits erhöht sie kurzfristig die Komplexität. Die Initiative ist damit ein Zwischenschritt – kein Endpunkt.

Entscheidend ist es, die eigene Reporting-Strategie jetzt auf marktseitigen Mehrwert und Anpassungsfähigkeit zu prüfen und nötigenfalls auszurichten.

Wer proaktiv handelt, kann regulatorische Anforderungen nicht nur erfüllen, sondern in eine strategische Positionierung am Markt übersetzen und damit Mehrwert jenseits von Compliance generieren!

1. Die Omnibus-Initiative – Der Versuch einer Vereinfachung

Warum die EU-Regulierung in Bewegung gerät – und was Unternehmen davon haben könnten

Seit dem 26. Februar 2025 liegt der Entwurf der sogenannten Omnibus-Initiative der Europäischen Kommission vor. Ihr Ziel: den wachsenden bürokratischen Aufwand durch Nachhaltigkeitsvorgaben spürbar zu reduzieren – insbesondere für mittelständische Unternehmen, die zunehmend unter Berichts- und Offenlegungspflichten leiden. Der Entwurf soll zentrale Aspekte der europäischen Nachhaltigkeitsregulierung nachschärfen und vereinheitlichen.

Im Fokus stehen folgende Handlungsfelder:

  • CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive)
  • ESRS (European Sustainability Reporting Standards)
  • Lieferkettensorgfaltspflichten (CSDDD)
  • EU-Taxonomie und
  • CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism)

Die politischen Leitlinien: Weniger Regulierung, aber nicht weniger Anspruch. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betont, dass die Ziele bestehen bleiben – nur der Weg dahin müsse intelligenter werden.

    2. Die zentralen Änderungen im Überblick

    Was konkret beschlossen wurde – und was das für Unternehmen bedeutet

    Die Omnibus-Vorschläge enthalten einige tiefgreifende Entlastungen:

    • CSRD & ESRS:
      • Schwellenwerte für „große“ Unternehmen werden angehoben (neu: 25 Mio. Bilanzsumme, 50 Mio. Umsatz, 1.000 Mitarbeitende).
      • Berichtspflicht verschoben: Erst ab 2028 müssen betroffene Unternehmen erstmals berichten – nicht wie ursprünglich geplant ab 2026.
      • Reduktion der Berichtspflichten um bis zu 35 % für kleinere und 25 % für größere Unternehmen.
    • Lieferkettengesetz (CSDDD):
      • Erhöhung der Schwellenwerte (ab 2028: mind. 3.000 MA / 900 Mio. € Umsatz, ab 2029: 1.000 MA / 450 Mio. € Umsatz).
      • Keine generelle Haftung, geringere Bußgelder, weniger strenge Anforderungen beim Klimaziel.
    • Taxonomie & CBAM:
      • Befreiung von Unternehmen unterhalb 1.000 MA / 450 Mio. € Umsatz von der Taxonomie Berichterstattung.
      • Beim CBAM (CO₂-Ausgleich) steigen die Schwellenwerte – 90 % der Unternehmen sind künftig nicht mehr betroffen.

    Kernaussage: Der Adressatenkreis wird stark eingeschränkt – von ursprünglich 50.000 Unternehmen der Europäischen Union bleiben künftig etwa 10.000 berichtspflichtig.

    Die technischen Details des aktuellen Vorschlages finden Sie weiter unten im Anhang an diesen Blog-Artikel.

    3. Die größten Unbekannten – Warum die Entlastung kein Selbstläufer ist

    Offene Fragen, die mittelständische Unternehmen weiterhin beschäftigen werden

    Auch wenn die Kommission Vereinfachung verspricht, bleiben zentrale Fragen unbeantwortet:

    • Zeitliche Unsicherheit: Wann treten die neuen Regeln endgültig in Kraft?
      Die aktuelle CSRD-Richtlinie ist in Kraft – das Gesetzgebungsverfahren zu Veränderungen läuft noch. Eine Umsetzung vor 2026 ist unrealistisch.
    • Inhaltliche Unklarheit: Was genau wird gestrichen oder verändert?
      Die EFRAG-Standards sind hochkomplex und stark verschachtelt – Änderungen sind technisch wie politisch anspruchsvoll.
    • Abhängigkeit von nationaler Umsetzung: In Deutschland ist die gesetzliche Umsetzung der CSRD noch nicht vollständig erfolgt – in 20 Mitgliedsstaaten schon. Auch das Lieferkettengesetz (LkSG) steht vor einer möglichen Aussetzung.
    • Spannungsverhältnis Wesentlichkeit vs. Standardisierung: Bleibt es bei der „doppelten Wesentlichkeit“ (Impact & Financial Materiality) oder kehrt man zu NFRD-Logik zurück?
    • Digitale Infrastruktur: Die Erfassung, Verarbeitung und Veröffentlichung der Daten bleibt auch weiterhin eine Herausforderung – insbesondere für Unternehmen ohne spezialisiertes ESG-Team oder SaaS-Lösungen. Viele Unternehmen sind bereits mit erarbeiteten Lösungen „on the fly“ – diese müssen kurzfristig angepasst werden.

    Trotz angekündigter Erleichterungen gilt:

    Wer 2025 mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung starten muss (20 EU-Mitgliedstaaten haben die CSRD bereits in Landesgesetze umgesetzt) – oder freiwillig will, sollte keinesfalls auf eine finale Gesetzeslage warten.

    4. Fazit: Das Wichtigste in Kürze.

    Die Omnibus-Initiative bringt Chancen, aber keine Garantie für Entlastung: „Drücken Sie besser nicht auf Pause“

    Weniger Last – aber auch weniger Klarheit.

    Worauf es jetzt ankommt, um regulatorisch auf Kurs zu bleiben

    Für viele mittelständische Unternehmen bedeutet der Omnibus-Vorschlag zunächst eine Pause im regulatorischen Wettrennen. Aber: Diese Pause kann trügerisch sein. Denn auch künftig wird von Geschäftspartnern, Investoren und Behörden zunehmend erwartet, dass ESG-Daten verfügbar, nachvollziehbar und glaubwürdig sind.

    Drei Schlussfolgerungen für die Praxis:

    • Jetzt pragmatisch priorisieren

    Handlungsdruck bleibt bestehen: Konzentrieren Sie sich auf Themen der Reduktion Ihrer CO2-Emissionen und auf die Erhebung von Produkt-CO2-Fußabdrücken. Ein Abwarten ist nicht zu empfehlen.

    • Nicht auf Vollständigkeit, sondern auf Relevanz setzen

    Doppelte Wesentlichkeit wird zum strategischen Hebel: Unternehmen können und sollten aktiv definieren, was für sie relevant ist. Treffen Sie plausible Entscheidungen mit Mehrwert für Ihr Unternehmen.

    • Flexibilität im Reporting verankern

    Vorbereitung auf Nachbesserungen: Die Omnibus-Initiative könnte kurzfristig zu Änderungen in bestehenden Nachhaltigkeitsprojekten führen. Flexibilität in der Projektarchitektur ist daher entscheidend; achten Sie auf Modularität.

    Unser Leistungsversprechen:
    ESG wird für Sie zu einem Hebel für neue Märkte, starke Kundenbeziehungen, attraktivere Finanzierung und zukunftssichere Produkte.

    Wir machen Nachhaltigkeit wirtschaftlich relevant – jenseits von Compliance.

    Für den Mittelstand gilt: Nicht auf das nächste Gesetz warten – sondern heute clever aufstellen – morgen am Wettbewerb vorbeiziehen!

    Stärke zeigen. Vertrauen absichern. Zukunft gestalten.

    Ihre messbare Nachhaltigkeitsleistung gewinnt zunehmend an Bedeutung in Ausschreibungen und ist ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen, die zukunftsfähig bleiben wollen.

     

    Ausblick: Die entscheidenden nächsten Schritte

    Die Omnibus-Initiative ist ein Zwischenschritt – kein Endpunkt. Wie mittelständische Unternehmen jetzt vorgehen sollten, welche Elemente aus der CSRD konkret vorbereitet werden müssen und wo strategische Chancen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung liegen, behandeln wir im separaten Folgebeitrag:

    Sehen Sie hierzu unseren Folgeartikel:

    „Post Omnibus – Was nun wirklich zählt, und zwar für Ihr Unternehmen!“

    Dieser Artikel bietet:

    • Eine pragmatische Anleitung zum Fokus auf Was jetzt wirklich zählt – Die sieben strategischen Prioritäten
    • Eine beherzte Liste an Maßnahmen, die Sie ohne Sorge pausieren können
    • Hinweise zur effizienten Ausgestaltung der Wesentlichkeitsanalyse sowie nachhaltiger Beschaffung

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